Wo fuhr die Spreewald-Guste

Strecke der Spreewaldbahn Am 18. August 2018 wollten wir einmal sehen, ob wir noch Relikte der Spreewald-Guste sehen. Beim aufmerksamen Betrachten der Gegend wird man ja sicherlich noch "Alte Bahndämme" finden. Und da wären wir schon beim Urheberrecht, denn die Idee stammt diesmal nicht von mir, sondern von Dr. Wolfgang Pagel, der am 19. März 1983 schon einmal auf den Spuren der Guste wandern ließ. Ich war damals "Streckenläufer" auf der 57‑km‑Strecke und Wolfgang gab mir die Erlaubnis, seine Ideen nachzunutzen. Freilich war meine Wanderung mit 26 km nicht einmal halb so lang wie die damalige Strecke (von der Gesamt­strecke der Bahn ganz zu schweigen), kam aber auch an verschiedenen "Highlights" sowohl der Eisenbahn- als auch der Architektur­geschichte vorbei.

Bf. Burg Die Wanderung startete am Bahnhof Burg, doch um da hinzukommen mussten wir von Vetschau mit einem Kleinbus (!) fahren - und niemand konnte uns zunächst sagen, wie viel Leute da überhaupt mitfahren können. Zum Glück war der Kleinbus dann doch nicht so klein und wir hatten alle Platz darin, ja mehr noch, auch ein Vetschauer Bürger erhielt noch einen Sitzplatz und wunderte sich gemeinsam mit dem Fahrer ob dieser Menschenmenge.

Bismarckturm Das nächste Ziel war der Bismarckturm. Pünktlich zur Öffnung standen wir vor der Tür und auf die Frage, wie viel Personen den gewaltigen Aufstieg auf diesen aus 1,5 Millionen Ziegeln erbauten Turm in Angriff nehmen wollen, meldeten sich erst 12, dann 10 und schließlich waren 7 von unserer Gruppe oben. Die Kassiererin hatte offenbar ihren sozialen Tag, denn sie wollte nur den Gruppenpreis von uns, obwohl dieser ja erst ab 10 Personen gilt. Vielleicht hatte sie Mitleid mit den Leuten, die nun noch so weit laufen müssen.


Bf. Schmogrow Von jetzt ab führte der Weg fast immer auf dem Bahndamm entlang. Zunächst kamen wir am Bahnhof Schmogrow vorbei. Unsere erste Pause legten wir hinter Byhleguhre ein. Vom gleich­namigen See sahen wir zwar nicht allzu viel, dafür freuten wir uns, dass der Weg nun zu einem richtigen Wanderweg wurde, will heißen: naturbelassen.

Auch am Bahnhof Straupitz, wo 1897 der Grundstein zur Spreewaldbahn, die bereits ein Jahr später eröffnet wurde, gelegt wurde, liefen wir vorbei, jetzt freilich schon mehr nach einer Wirtschaft, als nach nicht mehr fahrenden Zügen Ausschau haltend. Doch das Dorf Straupitz hat mehr zu bieten, als den Bahnhof. Mitten im Dorf steht eine Kirche, die augenscheinlich etwas zu groß geraten ist. Dafür erbaute sie kein Geringerer als Karl Friedrich Schinkel. Die veranschlagten Baukosten überstiegen zwar die für Dorfkirchen zulässige Höhe um das Dreifache, aber Schinkel war zu keiner Einsparung bereit und argumentierte: "... dass Kirchenbauten für mehr als 1.000 Plätze Kosten in Höhe von zumindest 20.000 bis 24.000 Taler umfassen müssten, soweit sie nicht Schuppen oder Scheunen ähnlich werden sollten." Wenn das kein stichhaltiges Argument ist. Schließlich wurden 30.000 Taler verbaut.

Schinkelkirche Straupitz Das Problem mit der eingebauten Apsis hat uns dann noch lange nach der Wanderung beschäftigt, zumal die Führerin behauptete, dass der obere Abschluss keine Kuppel sei, sondern glatt und bemalt. Sie wollte uns sogar eine Leiter holen, damit wir das glauben.

Bauzeichnung Auch im nächsten Dorf gab es keine geöffnete Gaststätte, und so liefen wir dann bis zum Bahnhof Wusswerk. Ich hatte hier das Ziel der Wanderung mit "Wusswerk, Waldschänke" angegeben, aber natürlich gibt es hier weder einen Bahnhof noch eine Schenke und so musste ich Gabi erst einmal klar machen, dass sie noch 10 Minuten durch den Wald wandern müsse.

Endlich an der Kreuzung angekommen, stellte sich uns die Frage, von welcher der sechs Haltestellen der Bus nun abfahren würde. Es bedarf ja keiner Erwähnung, dass wir an der falschen warteten. Doch der Busfahrer bemerkte uns und hielt geduldig vor der Kreuzung an, bis auch wir ihn bemerkten und zu seinem Bus liefen.

Trotz der doch wieder relativ hohen Temperaturen war es eine schöne Wanderung. Die 14 Teilnehmer haben viel gesehen und festgestellt, dass Spreewald mehr sein kann, als Kahn fahren.

Egon Poppe